Beltane

Feengestalten reiten in festlichem Gewand aus
den
unterirdischen Palästen, um Beltane zu feiern.
(Die Reiter des Sidhe von John Duncan, 1911)
Kennzeichnet Samhain im Keltischen Kalender den Beginn des
Winters, beginnt, wenn der Sternhaufen der Pleiaden bei Sonnenuntergang am
Horizont aufgeht; bedeutet Beltane den Beginn des Sommers und die Pleiaden gehen
dann genau vor Sonnenaufgang am Morgenhimmel auf. Und so wie Samhain ein Fest
des Todes und der Toten ist, ist Beltane, sein Gegenpart, ein Fest des
wiedererwachten Lebens und des Sieges der Sonne und des Sommers über den Winter
und den Tod.
Der Ursprung des Wortes an sich ist unklar: Freudenfeuer,
Glücksfeuer, aber auch Feuer des Sonnengottes Belenus, sind mögliche Deutungen.
Aber in allen diesen Ausdrücken kommt zum tragen, dass es sich hierbei um ein
Fest des (wiedergekehrten) Lichts und des Feuers, des Lebens- und Wärmespenders,
handelt.
Um diese Symbolik besser verstehen zu können, müssen wir
heutigen Menschen uns vor Augen führen, dass der Winter früher nicht nur eine
Zeit mangelnden Lichts und kurzer Tage, Phänomene, unter denen wir ja auch heute
noch leiden, „Winterdepressionen" wäre hier ein Stichwort, war, sondern auch
eine Zeit der Entbehrungen, in der von den angesammelten Vorräten gelebt werden
musste, denn frische Nahrung gab es nicht. So war der Winter nicht nur eine Zeit
der Kälte (geheizt wurde mit Feuer, und mit dem musste man auch sowohl
vorsichtig, wegen der Brandgefahr, als auch sparsam, wegen des begrenzten
Holzvorrates, umgehen) und der Dunkelheit, sondern oftmals auch eine Zeit des
Hungers und des Eingesperrtseins in die eigenen vier Wände, wenn der Frost das
Land im Griff hatte, denn Erkältungen konnten tödlich sein.
Welch Wunder also, dass dem Fest des Lichts solch eine
Bedeutung zukam. Zu Beltane war die Erde (endlich!) wieder grün, und letzte
Reste des Winters sollten nun mit magischen Ritualen ausgetrieben und verbannt,
dem Sommer (und der Fruchtbarkeit!) zum endgültigen Durchbruch verholfen werden.
Eine wichtige Rolle spielt hierbei das Feuer. Es ist nicht
nur Widerschein und kleiner Bruder der wärmenden Sonne, soll diese quasi aus
ihrem Winterschlaf hervorlocken, sondern es ist auch ein Zeichen des Neubeginns,
wenn alle Herdfeuer bis auf das Beltanefeuer zu Anfang des Festes gelöscht
werden, das Beltanefeuer selbst dann aus neun heiligen Hölzern entfacht wird.
Seine Asche wird später auf den Feldern verstreut, die neuen Herdfeuer mit den
Überresten des Beltanefeuers neu entfacht. Und das Feuer spielt auch eine
reinigende Rolle und soll die Fruchtbarkeit anregen. So werden die Viehherden
zwischen zwei Beltanefeuern hindurch getrieben, um Krankheiten zu vermeiden und
Fruchtbarkeit zu erflehen, Schwangere laufen durch die Überreste des Feuers, in
der Hoffnung auf eine leichte Geburt, Paare springen gemeinsam über das Feuer,
als Zeichen ihrer neu geknüpften Verbindung und Bitte um Fruchtbarkeit. Und wen
verwundert es, wenn bei diesem Fest, das ja noch im „Frühling" stattfindet, aber
den Beginn des Sommers markiert, auch die „Frühlingsgefühle" wilde Kapriolen
schlagen, sich das eine oder andere Paar im Anschluss an die Feier in den Wald
oder in die Felder begibt, um ganz eigene Fruchtbarkeitsrituale zu feiern. Zu
dieser einen Zeit im Jahr ist auch das Ehegelöbnis aufgehoben, so dass die
Frauen frei den Partner wählen können.
Denn bei allem Ritus ist Beltane auch und vor allem ein Fest
der Frauen, denn wer könnte Fruchtbarkeit eher symbolisieren als sie? Und so
wird an Beltane die Vereinigung von weiblicher und männlicher Kraft gefeiert,
die Vereinigung der Erde mit der Sonne, der Göttin mit dem Gott - alles mit dem
Ziel, neue Fruchtbarkeit heraufzubeschwören, neues Leben, neue Vielfalt, das Rad
voranzutreiben.
Und es ist ein Fest der Farben nach dem tristen grauen
Winter, ein buntes Fest, dessen mannigfaltige Farbgebung auch symbolisch zu
nehmen ist, in der uralten Farbenlehre und ihrer Auslegung begründet. Auch der
Brauch des Tanzes um den Maibaum gehört in diese Kategorie; ist der Maibaum an
sich doch sowohl unübersehbares phallisches Symbol, als auch der Tanz, mit dem
die bunten Bänder um ihn herumgewoben werden, sowohl Werbung der Geschlechter,
als auch magische Verknüpfung der drei Welten (Himmel, Erde, Anderwelt), die
durch den Maibaum (auch) symbolisiert werden und nun fest in das Gefüge des
Lebens selbst eingewoben werden sollen.
Und natürlich ist Beltane auch, wie Samhain, ein Fest, das
außerhalb der Zeit steht, wo die Schleier zwischen den Welten dünn und
durchlässig sind, die Feenkönigin samt Gefolge über die Erde reitet, und auch
eine Zeit der Wahrsagung und Prophezeiungen (ebenfalls zukunftsweisend, wenn
auch profaner, ist der Brauch, sich mit am Morgen des Beltanetages gesammeltem
Tau zu waschen, um die Schönheit zu steigern und/oder zu erhalten).
Angesichts der immensen Bedeutung dieses Festes nimmt es
nicht wunder, dass sogar die aufkommende Christliche Religion dieses fest nicht
ganz ausrotten konnte. Und so reiten denn bis heute am 1. Mai die Hexen auf
ihren Besen (Überbleibsel der oftmals tierischen „Gefährte" der Alten Göttinnen)
zum Blocksberg, um dort die Walpurgisnacht, das Fest der Heiligen Walpurga, zu
begehen…