Griechische Mythologie

Der Anfang |
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Die Entstehung der Welt
 Atlas, spätrömisch
Vor dem Anbeginn der Zeit war das Chaos, ein gähnender Schlund ohne Anfang
und ohne Ende. Es bestand aus finsteren Nebeln, in denen schon die
Urbestandteile allen Lebens lagen: Erde, Wasser, Feuer und Luft. Und so
geschah es, dass sich die Finsternis (Erebos) und die Nacht (Nyx) aus dem
Schlund erhoben. Beide vereinigten sich und gebaren den Äther (Aither) und den
Tag (Hemera). Die erste unter allen Göttern war die Erdmutter Gaia. Die
Welt um sie herum war noch leer und ungeformt. So zeugte Gaia aus sich Uranos,
den Himmel, Pontos, das Meer, und Tartaros, die Unterwelt. Doch noch war das
Werk unvollständig und so verband sich die Erdmutter mit ihrem Sohn Uranos und
zeugte Okeanos und Tithys, aus deren Verbindung die Flüsse und die Okeaniden
hervorgingen. Weitere Kinder folgten. Aus der Verbindung von Hyperion und Theia
entstanden die Sonne (Helios), der Mond (Selene) und die Morgenröte (Eos). Ihr
Sohn Japetos verliebte sich in die schöne Okeanidin Klymene und deren mächtige
Kinder waren Atlas, Menoitis, Prometheus und Epimetheus. So bevölkerte
ein ganzes Göttergeschlecht in unterschiedlichsten Erscheinungsformen die frühe
Welt. Titanen, einäugige Wesen, Kyklopen und hundertarmige Riesen trieben ihr
Unwesen. Und schon bald erschütterten schreckliche Taten das Antlitz dieser
jungen Welt. Uranos war nämlich ein sehr herrschsüchtiger Gott und
achtete eifersüchtig darauf, dass ihm keiner seine Macht streitig machen konnte.
Daher waren ihm seine mächtigen Söhne ein Dorn im Auge. Schließlich verbarg er
sie tief im Innern der Erde und verwehrte ihnen so, jemals das Himmelslicht zu
sehen. Verzweifelt versuchte Gaia, ihren Gatten auf dem Nachtlager von seinen
Taten abzubringen. Es war vergebens. Darüber war die Erdmutter so
erzürnt, dass sie aus dem Erz der Erde eine gewaltige Sichel formte. Mit dieser
ging sie zu ihrem Sohn Kronos und redete mit schmeichelnder Stimme auf ihn ein:
„Sieh, wie dein eifersüchtiger Vater deine Brüder in die Unterwelt verbannt.
Keinen Grund gibt es für seine Tat und die heißen Tränen meines Mutterherzens
können ihn nicht erweichen. Nur du, mein Sohn Kronos, kannst ihn aufhalten. Nimm
diese mächtige Sichel! Mit ihr wirst du diesen grausamen Herrscher von seinem
Throne stürzen können." Kronos hörte auf die Worte seiner Mutter und
lauerte in der Nacht seinem Vater Uranos auf, der sich zum Lager seiner Gemahlin
aufgemacht hatte. Ein wilder Kampf entbrannte zwischen Vater und Sohn, bei dem
die Erde angstvoll zitterte. Schließlich gelang es dem Kronos seinen Vater mit
der Sichel zu entmannen. Voller Zorn warf er das Geschlecht ins Meer. In der
Brandung des wildschäumenden Ozeans erwuchs daraus Aphrodite, die schaumgeborene
Göttin der Liebe. Tropfen von Uranos Blut fielen auf Gaia und befruchteten
sie. So gebar sie die Erinyen, schaurige Rachegöttinen, und die mächtigen
Giganten. Uranos wurde in das finstere Verließ des Tartaros verbannt und
fortan herrschte sein Sohn Kronos. Doch er vergaß nicht die zornigen Worte
seines Vaters, der ihm prophezeite: "So wie du mich vom Throne gestoßen hast,
wird dereinst dein eigener Sohn dich ebenfalls zu Fall bringen!"
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