Keltische Mythologie
Artus |
|
Wie alles begann II
Uther Pendragon
(Anonyme Illustration)
Es geschah nach Merlins Rat: der
unterirdische See wurde abgelassen und die toten Drachen
herausgeschleift, so dass das Volk die mächtigen Kadaver
bestaunen konnte, die dann später auf einem Scheiterhaufen
verbrannt wurden. Der Bau des Turmes konnte nun ungestört in
Angriff genommen werden.
Auf dem Wachtturm an der Ostküste aber
saß Tag für Tag ein Wächter und hielt Ausschau nach den
Schiffen, die Hengist und sein Heer übers Meer bringen sollten,
und da es zur Zeit in Britannien ruhig blieb und niemand Vortiger
in Wales angriff, schwand dessen Angst allmählich. Bald
war auch der Turm fertiggestellt und sollte nun - reich mit
Vorräten versehen - als sichere Zuflucht dienen.
Doch eines Tages erschien ganz plötzlich
Merlin. Er kündete dem König die baldige Ankunft der Sachsen und
prophezeite einen bevorstehenden Krieg, dann erinnerte er Vortiger
an Uther und Aurelius Ambrosius, die, wie er sagte, ebenfalls in
wenigen Tagen mit einem Heer an der Küste landen würden, um
ihren Vater zu rächen und ihr Königreich zurückzuerobern.
Das bedeutete Krieg!
Düster war Merlins Prophezeiung: Hengist
werde nicht siegen, sondern sterben, aber andere würden kommen
und den Kampf fortführen; Vortiger selbst solle sich vor Aurelius
Ambrosius hüten und vor dem Feuer, sein Schicksal sei ungewiss.
Doch Merlin ahnte mit schrecklicher Gewissheit: er hatte Vortiger
zum letzten Male gesehen. Zwei Tage darauf erreichten die
feindlichen Brüder mit ihrem Heer die Südküste, und wiederum
einen Tag später landeten die Sachsen an der Küste der
Grafschaft Kent.
Der Krieg tobte den ganzen Sommer lang,
danach lag die schreckliche Ruhe des Todes über dem verheerten
Land. Viele
waren gefallen, auch der Sachsenkönig, und nun wurde Aurelius
Ambrosius als der ältere der beiden Brüder zum König
ausgerufen. Er mühte sich redlich, die Ordnung im Lande
wiederherzustellen und den Frieden zu sichern, doch war seine Zeit
allzu kurz bemessen: einer der besiegten Sachsenführer
verschaffte sich, als Mönch verkleidet, Zutritt zu ihm und
vergiftete ihn.
Zu dieser Zeit ritt Uther mit kleinem
Gefolge durch Wales, wo er an einem verbrannten Turm vorüberkam,
von dem nur noch die Grundmauern und ein paar verkohlte Balken
übriggeblieben waren. Auf einem Felsen in der Nähe saß ein Mann
mit Haaren so schwarz wie Rabengefieder und Augen so hell wie das
Wasser einer Quelle.
Uther sprach ihn an und Merlin offenbarte ihm den Tod seines
Bruders und dass er, Uther, nun König sei. Uther
machte sich voller Trauer auf den Weg in die Hauptstadt, bat
Merlin aber noch, ihn zu begleiten. Lächelnd lehnte Merlin ab.
Doch sie sollten sich wieder sehen.
Aurelius Ambrosius wurde
mit allen Königlichen Ehren bestattet, danach rief man Uther zum
König aus und das Land begann allmählich zur Normalität
zurückzukehren. Als nun das Osterfest nahte, ließ Uther die
Ritterschaft und deren Damen zu einer Prunkvollen
Krönungsfeierlichkeit in die Hauptstadt laden. Auf dem Höhepunkt
des glanzvollen Festes nun ereignete sich ein seltsames Phänomen:
gegen Mitternacht war es, als plötzlich hinter dem Horizont ein
grelles Licht heraufzog, ein riesiger Stern, vor dem alle anderen
ihren Schein verloren. Er begann mit großer Schnelligkeit über
den Himmel zu ziehen und war von seltsamer Gestalt: er sah aus wie
der Kopf eines Drachen, aus dessen Rachen zwei feurige Strahlen
kamen; auch der Schweif und der gezackte Rücken schienen einem
Drachen zu gehören und sieben Strahlen leuchteten nach
verschiedenen Richtungen. So durchraste das glühende Ungeheuer
die Himmelskuppel und verschwand westwärts hinter den Bergen. Die
Nacht schien nun viel dunkler als zuvor.
Erschrocken riefen die Menschen nach den
Sterndeutern des Königs, doch wie durch Zauberei stand auf einmal
Merlin hinter diesem und versprach, er werde Uther am nächsten
Tag nach seiner Krönung die Bedeutung des Phänomens offenbaren.
Ganz leise, unhörbar für die Umstehenden, flüsterte Merlin ihm
noch ins Ohr: "Ich werde morgen nicht im Dom sein, wenn du
gekrönt wirst. Mich dünkt, es stünde dem Sohn des Teufels übel
an, die Messe zu hören. Gehab dich wohl, König Uther Pendragon!"
Und während der König sich noch über diese seltsame Anrede
wunderte, war Merlin schon wieder verschwunden.
Am nächsten Morgen fand die große
Krönungsmesse im Dom statt, doch weder dort noch bei den
anschließenden Feierlichkeiten und dem Festmahl ließ sich Merlin
blicken. Doch vermisste ihn der König auch nicht sehr, denn ihm
gegenüber an der Tafel saß Ygerne, die Frau des Herzogs Gorlois
von Cornwall, und sie dünkte ihm die schönste Frau, der er je
begegnet war. Er wusste im selben Augenblick, dass er sie liebte
und nie eine andere als sie lieben würde.
Daraus konnte nichts Gutes entstehen, auch das wusste er...
Als der König nun nach den
Feierlichkeiten allein in seinen Räumen weilte, erschien auf
einmal Merlin, um ihm die Himmelserscheinung des vorhergegangenen
Abends zu deuten. Pendragon bedeutet Drachenhaupt, und er hatte
den König so genannt, weil der Drache sein Zeichen war. Dessen
Erscheinung am Vorabend der Krönung hatte bedeutet, dass Uther
solange er leben würde, König des Reiches sein würde, über das
der Drache hinweg gezogen war. Die zwei Feuerzungen, die aus seinem
Rachen gekommen waren, besagten, dass zwei aus seinem Geschlecht
viele Feinde bekämpfen und sie besiegen würden: Uther und sein
Sohn. Und die sieben Strahlen des Drachenschweifs zeigten an,
welche Länder einst unter dieser Herrschaft zu Britannien
gehören würden.
Herrlich dünkten Uther Merlins
Weissagungen über eine ruhmvolle Zukunft. Doch erst musste er
Ygerne erlangen. So
begann die Fehde zwischen König Uther und dem Herzog von
Cornwall.
In aller Eile ließ der Herzog seine
Burgen befestigen und mit Vorräten versehen; da er eine
Entführung befürchtete, brachte er seine Gemahlin nach Tintagel,
eine feste Burg an der Küste, an drei Seiten von Meer umschlossen
und vom Lande her nur über einen schmalen Felsenpfad zu
erreichen. Lang
zog sich die Belagerung von des Herzogs befestigten Burgen hin und
Uther erlitt viele Verluste. So ließ er nach Merlin schicken, ihn
um Rat zu fragen und um Hilfe zu bitten.
« zurück
| weiter »
|