Griechische Mythologie
Theseus |
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Die Wanderung nach Athen
Theseus
besiegt den Räuber Sinnis
(attische Schale, 5. Jh. n. Chr.)
Auf dem Weg nach Korinth traf er den Straßenräuber Periphetes.
Mit einer eisenbeschlagenen Keule schmetterte er vorbeikommende
Reisende zu Boden. Daher führte er auch den Beinamen
Keulenschwinger. Als er Theseus kommen sah, stürzte er aus dem
Wald und versperrte ihm den Weg. Theseus warf sich sogleich mit
aller Macht auf ihn und erschlug den frechen Räuber nach einem
kurzen Kampf. Die Keule nahm er ihm ab und trug sie von da an
selber als gefürchtete Waffe. Auf der schmalen Landenge
von Korinth begegnete er einem anderen Wegelagerer. Es war Sinnis,
der Fichtenbeuger. Die Menschen nannten ihn so, weil mit seinen
starken Händen zwei Fichtenwipfel herunterzubeugen pflegte, an die
er seine Gefangenen band, die dann von den zurückschnellenden
Bäumen zerrissen wurden. Sinnis bekam als erster die Keule von
Theseus zu spüren und wurde von ihm niedergeschlagen. Dann verfuhr
Theseus genauso mit ihm so wie der Straßenräuber mit seinen
Opfern. Aber nicht nur gegen Räuber und Wegelagerer
kämpfte er, sondern auch gegen wilde und böse Tiere, ganz nach
seinem Vorbild Herakles. So erlegte er beispielsweise die Phaia,
ein Krommyonisches Schwein. An der Grenze von Attika stieß
er auf Skiron, der sich auf einem hohen Felsen zwischen Attika und
dem Megaraland aufhielt. Dort hielt er Fremde auf und befahl
ihnen, seine Füße zu waschen. Sobald sie das taten, stürzte er sie
mit einem Fußtritt ins Meer hinab. Als der Unhold nun mit Theseus
genauso verfahren wollte, schlug dieser ihn mit der Keule nieder
und stieß ihn die Felsen hinunter. Nach einer kurzen Reise
begegnete ihm der letzte und grausamste Straßenräuber zu dieser
Zeit. Man kannte ihn unter dem Namen Prokrustes, der
Gliederstrecker. In seinem Haus gab es zwei Betten, ein sehr
kurzes und ein sehr langes. Nahm er einen sehr kleinen Menschen in
heuchlerischer Gastfreundschaft bei sich auf, so legte er ihn in
das große Bett. Dann streckte er sein Opfer, um ihn der Länge des
Bettes anzupassen und quälte ihn so zu Tode. Kam jedoch ein sehr
großer Mensch, so legte er ihn in das kleine Bett und hieb ihm
seine Glieder ab, bis der Körper in das Bett passte. Theseus ließ
ihn für seine grausamen Taten auf die gleiche Weise büßen.
Die Menschen erzählten schon bald überall von seinen Heldentaten.
Wenig Freundliches war ihm auf seiner Reise widerfahren. Umso mehr
freute er sich daher, dass er bei den frommen Phytaliden gastlich
aufgenommen wurde. Sie reinigten ihn nach ihren altehrwürdigen
Bräuchen von dem Menschenblut, dass er auf seiner Reise vergossen
hatte, und bewirteten ihn mit köstlichen Speisen. So gestärkt
betrat er endlich Athen, die Heimatstadt seines Vaters. Der König
Aigeus erkannte ihn sofort an den Sandalen und dem Schwert. Voller
Freude nahm er Theseus in seine Arme. Jauchzend begrüßte das Volk
den Helden, den Aigeus ihnen als seinen Sohn und Erben vorstellte.
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