Griechische Mythologie
Die Odyssee |
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Die Insel der Phäaken

Odysseus nähert sich
Nausikaa
(rotfigurige Vase, ca. 400 v. Chr.)
"Und die Gebieterin warf den Ball zu einem der Mädchen
Und verfehlte das Ziel, und er fiel in die wirbelnde Tiefe. Und
laut kreischten sie auf. Da erwachte der edle Odysseus, Setze
sich auf und sprach zu sich mit Zweifeln im Herzen: Weh mir! zu
welchem Volke bin ich nun wieder gekommen? Sind's unbändige
Frevler, Wilde, ohne Gesetze? Oder gastliche Menschen und
gottesfürchtigen Sinnes? [...]Auf! Ich selber will hin und
zusehen, was es bedeute!" (Odyssee, Sechster Gesang, Vers
115-156, Homer) Odysseus segelte siebzehn Tage gegen
Osten und sah am achtzehnten Tag endlich rettendes Land vor sich.
Da bemerkte ihn der Gott Poseidon, der von dem Ratsbeschluss der
Götter, Odysseus endlich die Heimkehr zu gewähren, nichts
mitbekommen hatte. Mit seinem Dreizack wühlte er das Meer auf und
schickte die Orkane gegen Odysseus. Auf und ab tanzte das Floß auf
den Wogen bis es schließlich zerbarst. Verzweifelt klammerte sich
Odysseus an den Resten seines Floßes und fürchtete um sein Leben.
Die Göttin Leukothea erbarmte sich jedoch seiner und riet
ihm, sein wasserschweres Gewand auszuziehen, sich nicht mehr an
dem Floß festzuklammern und stattdessen durch die Wellen ans Ufer
zu schwimmen. Der Held tat wie ihm die Göttin geraten hatte und
unter ihrem Schutz erreichte er schließlich die Insel Scheria, die
von den Phäaken bewohnt wurde. Erschöpft legte sich Odysseus in
einem Wald zum Schlafen nieder. Mädchenstimmen weckten ihn
aus seinem tiefen Schlummer. Es war die Königstochter Nausikaa mit
ihrem Gefolge, die zum Flussufer gekommen waren, um die Gewänder
der königlichen Familie zu waschen. Er brach einen buschigen Zweig
ab, der seine Blöße bedecken sollte, und trat unter die
Jungfrauen. Diese glaubten ein Seeungeheuer vor sich zu haben und
flüchteten verstört. Nur Nausikaa blickte dem Fremden ruhig
entgegen. Er bat sie ehrerbietig um Kleidung und Nahrung, die
diese ihm auch gewährte. Dann führte sie ihn zu dem Palast ihres
Vaters Alkinoos. Athene hüllte ihn in eine Nebelwolke, so
dass er ungesehen vor das Königspaar treten konnte. Als die Wolke
von Odysseus wich, warf er sich der Königin Arete vor die Füße und
bat um Hilfe in seiner misslichen Lage. Die Phäaken waren von
diesem Anblick überrascht. Schließlich reichte der gütige König
Alkinoos Odysseus seine Hand und setze ihn auf einen Sessel zu
seiner Seite. Er reichte ihm Speisen und Getränke ohne nach seinem
Namen zu fragen und versprach ihm sicheres Geleit in seine Heimat.
Am nächsten Tag wurde dem fremden Gast zu Ehren ein großes
Fest gegeben. Als der blinde Sänger Demodokos von den Taten des
Odysseus im trojanischen Krieg sang, da erfüllte den Helden große
Trauer und heimlich weinte er bitterliche Tränen. Doch Alkinoos
bemerkte dies und befahl dem Sänger aufzuhören. Dann wandte er
sich an den Fremden und bat ihm seinen Namen zu verraten. Als sie
hörten, dass Odysseus vor ihnen saß, drängten die Phäaken
bewundernd herbei und wollten von seinen Abenteuern wissen. Lang
erzählte er ihnen von seinen vielen Erlebnissen seit dem Fall
Trojas. Ergriffen lauschten sie seinen Worten. Mit Geschenken
überhäuft verabschiedete sich Odysseus schließlich von den
gastfreundlichen Phäaken und glitt auf dem Schiff, das sie ihm zur
Verfügung gestellt hatten, endlich Richtung Heimat. Müde fiel der
Held, der so viel hatte erdulden müssen, in einen tiefen
Schlummer.
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