Griechische Mythologie
Der Trojanische Krieg |
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Der Fall Trojas
Das trojanische Pferd
(Niccolo Dell 'Abbate, ca. 1560)
Zehn Jahre dauerte schon der Krieg und ein Ende war immer noch
nicht abzusehen. Nach Achilleus mussten die Griechen auch Ajax
betrauern, der sich von Pallas Athene mit Wahnsinn beschlagen
selber das Leben nahm. Und so schwand bei ihnen die Hoffnung, die
feindliche Stadt jemals zu erstürmen. Auch die Trojaner hatten
Verluste zu beklagen. Paris starb an einem Giftpfeil des
Philoktetes. Neue Kämpfer traten an ihre Stelle. Neoptolemos, der
Sohn des Achilleus, nahm den Platz des Vaters ein. Die Trojaner
wurden an Hektors Stelle von Aeneas geführt. Und so wogte der
Kampf hin und her. Da rief Kalchas, der Seher, das Heer
zusammen und riet ihnen davon ab, die Stadt mit Gewalt zu nehmen.
Stattdessen sollten sie zu einer List greifen. Im Traum hatte er
gesehen, wie ein Habicht eine Taube verfolgt hatte. Als die Taube
in einem Felsspalt Schutz fand, verbarg sich der Raubvogel in
einem Gebüsch, bis das Täubchen wieder hervorgekrochen kam. Nun
war es für ihn ein leichtes, die Taube zu packen. „Lasst uns
diesen Vogel als Vorbild nehmen!", schloss Kalchas seine Rede.
Der schlaue Odysseus hatte schließlich einen Einfall. Er
schlug vor, ein großes hölzernes Pferd zu bauen, in dem sich die
edelsten Krieger verbergen sollten. Dann sollte scheinbar das
gesamte griechische Heer abziehen, um so die Trojaner aus ihrer
Stadt zu locken. Sofort waren alle von dem Plan begeistert und
der Gott Zeus selbst gab mit einem Donnerschlag seine Zustimmung dazu.
Mit Staunen sahen die Trojaner von den Mauern ihrer Stadt
aus, wie das feindliche Heer abzog. Voller ungläubiger Freude
stürmten sie aus der Stadt und schritten den Platz ab, wo einst
das Lager der Griechen gestanden hatte. Verblüfft standen sie vor
dem riesigen hölzernen Pferd. Unschlüssig standen sie um es herum
und wussten nicht, was damit anzustellen sei. Da trat Laokoon vor,
der Priester des Apollon. „Welch ein Wahnsinn treibt euch?",
sprach er zu ihnen, „Glaubt Ihr wirklich, die Griechen seien
abgereist und ihre Gabe ehrlich gemeint? Traut ihnen nicht und
ihrem Geschenk!" Er schleuderte einen Speer gegen das Pferd, der
zitternd im Holz stecken blieb. Aus der Tiefe des Bauches erklang
ein Widerhall wie von Waffengeklirr. Aber die Trojaner waren so
verblendet, dass sie es nicht bemerkten. In diesem
Augenblick brachten die Hirten einen Griechen namens Sinon herbei
und schleppten ihn vor den König Priamos. Flehend hob er seine
Hände zum König und erzählte ihm von seinem Schicksal. Die
Griechen hätten beschlossen, ihn zu opfern, um sich eine
glückliche Heimkehr von den Göttern zu sichern. Es sei ihm jedoch
gelungen zu fliehen. Sein Schluchzen fand bei dem König Gehör und
so gewährte er ihm Asyl. Er ahnte nicht, dass Sinons Geschichte
eine Lüge war, um ihr Vertrauen zu erschleichen. Und so beteuerte
Sinon sogleich, dass dies Pferd ein Weihegeschenk für die Göttin
Athene sei. Es sei deshalb so groß, damit die Trojaner es nicht in
ihre Stadt schaffen könnten, um so den Schutz der Göttin zu
erhalten. Würde man dem Pferd Gewalt antun, sei ihnen die Rache
der Göttin gewiss. So geschickt trug Sinon seine Worte vor, dass
die Trojaner ihm schließlich glaubten. Um auch den letzten
Zweifel zu zerstreuen, griff die Göttin Athene selber in das
Geschehen ein. Zwei riesige Schlangen kamen von der Insel Tenedos
herüber und eilten auf den Uferaltar des Poseidon zu, an dem
gerade Laokoon mit seinen beiden Söhnen ein Opfer vorbereitete.
Sie schossen auf die Knaben zu, wanden sich um ihre Leiber und
schlugen ihre giftigen Zähne in ihr Fleisch. Laokoon eilte ihnen
zu Hilfe. Er wurde ebenso von ihnen umschlungen und sie starben
alle auf schreckliche Weise. Die Schlangen selber verschwanden in
den Tempel der Pallas Athene und so bestand für die Trojaner kein
Zweifel mehr, unter welchem Schutz das Pferd stand. Sie
rissen die Stadtmauer ein und zogen es im Triumph in die Stadt
hinein. Überall feierten die Einwohner ein Freudenfest. Wein floss
in Strömen und niemand hörte auf die Warnungen Kassandras, die das
kommende Unheil gesehen hatte. Bald sanken die Letzten ermattet
von dem rauschenden Fest in einen tiefen Schlaf. Sinon erhob sich
von seinem Lager und gab mit einer Fackel den Griechen das
verabredete Zeichen. Dann schlich er zum Pferd und gab Odysseus
das vereinbarte Klopfzeichen. Lautlos kletterten die Griechen aus
dem Pferd und eilten in die unbewachte Stadt.
Erbarmungslos metzelten die Griechen die Trojaner nieder. Sie
schonten weder Mann noch Frau, weder Kind noch Greis. Flammen
loderten aus den Häusern. Der König Priamos starb durch
Neoptolemos Hand. Krieger rissen Hektors Sohn Astyanax aus den
Armen der Mutter und schleuderten ihn von den Zinnen des Turmes
hinunter. Nur wenige entkamen dem Morden. Unter diesen befand sich
Aeneas, der mit seinem greisen Vater Anchises auf den Schultern
und seinem Sohn Askanios an der Hand fliehen konnte.
Endlich befand sich König Menelaos am Ziel seiner Wünsche: der
Raub Helenas war gerächt. Als er sie in ihrer strahlenden
Schönheit vor sich stehen sah, verliebte er sich erneut in sie und
nahm sie als seine Ehegattin wieder auf. Die Flammensäulen der
brennenden Stadt schlugen hoch in den Äther und verkündeten allen
ringsum den Untergang Trojas.
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